Daten und Fakten
In Tirol sind die Arbeitnehmerorganisationen erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, später als in anderen europäischen Ländern, entstanden. Um die Jahrhundertwende gab es in Tirol etwa 2.500 gewerkschaftlich organisierte Arbeiter mit Schwerpunkten in Innsbruck und Bozen.
Nach der Annexion Südtirols an Italien (1919) spaltete sich die Tiroler Arbeiterbewegung zwangsläufig und in Südtirol verblieben nur rund 1.000 sozialdemokratisch organisierte Gewerkschaftsmitglieder. Mit der Machtergreifung des Faschismus 1922 wurden die deutschsprachigen Gewerkschaften in Südtirol aufgelöst. Die Faschisten besetzten das Südtiroler Gewerkschaftshaus in der Gilmstraße (heute Dantestraße) in Bozen und es kam zu einer Diskriminierung deutscher Arbeiter und Beamten, indem man nur noch Italiener, die zu Tausenden nach Südtirol umgesiedelt wurden, einstellte.
Nach dem zweiten Weltkrieg bildeten christdemokratische, sozialistische und kommunistische Gewerkschaftsführer die Einheitsgewerkschaft CGIL. Im selben Jahr kam es zur Spaltung zwischen dem linken und rechten Lager, und die christdemokratische Gewerkschafter traten aus der CGIL aus und bildeten 1949 die CISL.
Deutsche und Italiener sollten in der CISL als gleichberechtigte Partner gemeinsam die Interessen aller Werktätigen vertreten. Mit viel Optimismus ging man an die Arbeit und die Südtiroler Mitglieder warteten auf die „brüderliche Zusammenarbeit in demokratischem Geiste unter Wahrung der tatsächlichen Gleichberechtigung der Angehörigen der drei Sprachgruppen“. Dies umso mehr, als die Anzahl der Südtiroler Mitglieder bald jene der italienischen übertraf. Trotzdem wurden die Spitzengremien immer mehr von der italienischen Sprachgruppe besetzt.
Der Gedanke, dass die Südtiroler Arbeiterschaft eine gänzlich unabhängige und eigenständige Gewerkschaft braucht, rührt schon aus dem Jahr 1955. Zu diesem Zeitpunkt begann es in den Reihen der CISL zu kriseln. Mehrere deutschsprachige Exponenten orderten eine größere Selbständigkeit der deutschen Gewerkschaftsgruppen, weil sich ihre Volksgruppe bei der Besetzung von Arbeitsplätzen, vornehmlich im öffentlichen Dienst und bei der Zuweisung von Sozialwohnungen, benachteiligt fühlten.
So kam der Zeitpunkt, an dem viele deutschsprachige Mitglieder aus der CISL austraten, um eine eigenständige Gewerkschaft für die Südtiroler Arbeiter deutscher und ladinischer Muttersprache zu gründen. Dieser Schritt erfolgte notariell am 14. September 1964. Es war die Geburtsstunde des ASGB, der lange Weg in die Selbständigkeit.
Die Interessen der Arbeiterschaft lassen sich dann am wirksamsten vertreten, wenn alle am selben Strang ziehen. Der ASGB hielt deshalb die Kontakte zu den italienischen Gewerkschaften für zielführend aber das gesamte italienische Gewerkschaftslager verfolgte mit Besorgnis das ständige Wachsen des ASGB und sah das eigene Monopol in Frage gestellt.
Im ASGB bestärkte sich die Auffassung, dass die Arbeitnehmer einer Minderheit das Recht haben müssen, sich selbst zu vertreten und dass ihr eine voll handlungsfähige Gewerkschaft zustehen muss.
Der Weg zu dieser Gleichstellung war weit und schwierig. Es musste eine Unmenge von Leuten von dieser Notwendigkeit und auch von der Möglichkeit überzeugt werden. Mit Hilfe der politisch Verantwortlichen (an erster Stelle Alfons Benedikter) im Land gelang es dem ASGB, seine Bemühungen um die effektive und formelle Gleichstellung mit den italienischen Gewerkschaften zu erreichen. 1978 wurde dieser Forderung mit einer Verordnung des italienischen Staatspräsidenten Genüge getan. Der Südtiroler Landtag stellte in einer historischen Sitzung fest, dass der ASGB die repräsentativste Gewerkschaft im Sinne dieser Verordnung war. Das war ein großer und für das Überleben des ASGB grundlegender Erfolg.
Seit der Gründung im Jahre 1964 weist der ASGB eine Reihe von Vorsitzenden auf, welche sich oft unter größten Schwierigkeiten für die Stärkung und das Wachsen dieser Gewerkschaft eingesetzt haben. Der erste Vorsitzende war Franz Plaikner, der dem ASGB von 1964 bis 1969 vorstand. Es folgten Dr. Hans Egger (1969 bis 1975), Dr. Klaus Kemenater (1975 bis 1976), Meinrad Berger (1976 bis 1977). Sie alle haben unter schwierigsten Bedingungen den ASGB geleitet und für seine Weiterentwicklung gearbeitet. Von 1977 leitete Hans Widmann den ASGB bis Anfang 1992, schied dann aber aus dieser Funktion, als er von den sozialen Kräften in der Südtiroler Volkspartei als Kandidat für das römische Abgeordnetenhaus aufgestellt und auch ins Parlament gewählt wurde. Er stand dem ASGB auch weiterhin zur Seite. Von 1992 bis 2009 leitete Georg Pardeller den ASGB.
In dieser Zeit hat der ASGB seinen Sitz in der Bindergasse in Bozen gekauft und den Bedürfnissen entsprechend renoviert. Auch Bezirksbüros in Bruneck und Meran konnten durch den Zusammenhalt aller Fachgewerkschaften erstanden werden. Diese Besitztümer des ASGB tragen dazu bei, dass der ASGB unabhängig und frei arbeiten kann. Dafür gebührt Georg Pardeller heute noch Dank.
Seit 2009 ist Tony Tschenett der Vorsitzende des ASGB. Unter seiner Führung wurde der ASGB eine moderne, der aktuellen Zeit angepasste Gewerkschaft. Unter anderem fällt unter seine Ägide die Gründung der ASGB-JUGEND.